Vortrag von Martha Belart (1136 2393), gehalten am Belart-Treffen vom 6./7. Juli 1957 in Brugg
Es sind jetzt etwas mehr als 300 Jahre her, dass Glado Bélard in Brugg seinen Hausstand gründete mit Salome Stäbli (9. Juni 1651). Woher kam dieser Glado (Claude) Bélard? Eine mündliche Überlieferung, die heute noch zu hören ist, besagt, dass zwei Brüder Bélard anfangs des 17. Jahrhunderts vom Elsass her als Hugenottenflüchtlinge nach Basel gekommen seien. Moyse Bélard mit Frau Susanne, geb. Nameur, blieb in Basel. Weder über ihn, noch über seine drei Kinder, die zwischen 1628 und 1633 geboren wurden und in Basel eingetragen sind, lässt sich heute noch etwas ermitteln. Der andere Bruder, Claude, ist später mit seiner Schwester Susanne Bélard weitergezogen. Wann er nach Brugg kam, ist nicht genau festzustellen. Dass er von Basel her nach Brugg kam, beweist ein Eintrag im Mayenbuch vom 30. April 1646, wo gemeldet wird, dass ein Clado Bélard aus Basel (ein Bürgerort ist nirgends verzeichnet) als Hintersäss aufgenommen wurde. Einem Eherodel vom Jahr 1647 ist zu entnehmen, dass Susanne Bélard, eingetragen als "ein vertribene uss Bemunt", sich am 1. November mit Christoffel Vätterli verehelichte. Einen Heimatschein besass die Familie Bélard, wie die Hugenottenfamilien überhaupt, nicht; dagegen wird sie beim Grenzübertritt, wie alle Hugenotten, einen Geleitschein vorgewiesen haben, dem die bourbonischen Lilien als Siegel aufgedrückt waren. Nach Hugenottenbrauch haben auch die folgenden Generationen der Familie Bélard diese Lilien als Familienwappen gehalten.
Die ursprüngliche Schreibweise des Namens "Bélard" wurde im Laufe der Jahre langsam verdeutscht. Schon bald liess man das é weg; dagegen ist in den Ratsbüchern von 1820 immer noch das weiche d am Schlusse des Namens zu finden, oft jedoch mit t verstärkt (Belardt). Später setzte allerdings eine willkürliche Schreibweise ein: Bellard, Belardt, Bellardt, Belart, bis man sich endlich auf die letzte Art einigte. Aus diesem Grund vertrete ich die Ansicht, dass alle Belart, die ein t am Ende schreiben, von Brugg stammen.
Und nun zu Clados Nachkommen: Moses Belard (11), geboren am 21. März 1652, ist der älteste Sohn von Clado. Er war es, der den Namen weitervererbte. Wie sein Vater war er von Beruf Weissgerber. In den Mayenbüchern wird er erstmals im Jahr 1676 erwähnt, wo er als Feuerläufer gemeldet ist. (Feuerläufer mussten "zum usswendigen Für Louffen"). Über dieses Feuerläuferamt liest man in einem Mayenbuch folgendes. "Man möge wohl zugeben, dass den leidigen Bürgern zwar frey stehen solle, sich unter die Zahl der feuer Läufferen einschreiben zu lassen, jedoch solle ihnen kein ander Bürgerlicher Beschwer uffgebürdet werden, auch sollen sie kein Bürgerlichen Genuss haben."
Von 1679-1689 versah Moses das Amt eines Torwächters beim Brückentor. Daneben amtete er als Brunnenschauer beim Bären-(Löwen-)brunnen von 1685-1690. Ein Stubenrodel vom 24. Juni 1677 besagt: "Es werden 10 Herren und Bürger in die Ehrende Gesellschaft uff- und angenommen"; darunter befand sich Moses Belard.
Nach seinem Rücktritt als Torwächter widmete sich Moses wieder seinem Gärtnerberuf. Für ein Darlehen von 250 Gulden, das er sich von der Stadt Brugg borgte, zahlte er einen jährlichen Zins von 12 ½ Gulden. Dafür verpfändete er sein vom Vater ererbtes Haus an der vorderen Gasse "so zuvor Rose geheissen" und sein "Gärbhaus" an der Vorstadt. Zugleich wurde er aus der ehrenden Gesellschaft ausgeschlossen.
Im Jahre 1673 verheiratete sich Moses mit Anna Regula Kyburtz. Der Ehe entsprossen drei Knaben:
Heinrich Belard (113) ist in den Mayenbüchern nur als Feuerläufer gemeldet. Verheiratet war er in erster Ehe mit Anna Maria Gyger, die 1730 starb. Der Knabe aus dieser Ehe wurde nur ein Jahr alt.
Mit 49 Jahren, 1731, verheiratete er sich zum zweiten Mal. Seine Frau, Susanna, geb. Teutschmann, schenkte ihm fünf Kinder, vier Knaben und ein Mädchen, von denen ein Knabe im Kindesalter starb.
Der erste Sohn, Johannes Ulrich (1132), geboren 1732, ist in den Mayenbüchern nirgends erwähnt. Aber in den Aufzeichnungen und Briefen, die mir von verschiedenen Seiten zur Verfügung gestellt wurden, fand ich einen pensionierten Major Belard aufgeführt, der in deutschen und holländischen Diensten gestanden haben soll und bei Ausbruch der Revolution nach Brugg zurückkehrte. Dieser Johannes Ulrich starb im Jahr 1799 in Brugg.
Der zweite Sohn, Hans Jakob (1133), geb. 1734, war in jungen Jahren Leutnant bei den Schweizertruppen in Frankreich. Nach Brugg zurückgekehrt, wurde er Zöllner. Während vier Jahren diente er bei den Feuerläufern bei auswärtigem Feuer; dann wurde er, 1770, der Stadtfeuerwehr zugeteilt, und zwar war er bei der grossen Spritze im Zeughaus. Nach dem Mayenbuch von 1770 waren die Feuerwehrzüge auf die verschiedenen, genau abgegrenzten Quartiere verteilt, und da heisst es nun vom ersten Quartier oder «Stok»: «Dieser gehet vom Rothenhauses bis zu des Belarden gässli». (Güggelgässli?)
1774 wurde Hans Jakob Belard Torschliesser beim «Brugg Thor». Bis 1782 waren sie dabei immer zu zweit; ab 1783 versah er seinen Dienst am Brückentor alleine. Er war knurrig bis grob, und nach Einbruuch der Dunkelheit empfing er die Einlassbegehrenden nicht sehr liebenswürdig. Ulrich Bräker soll davon zu erzählen wissen.
Dieser Hans Jakob Belard hatte zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn, den nachmaligen Pfarrer Belard (11332) in Wattwil, der sehr jung, mit 31 Jahren, starb. Sein Sohn Gottlieb (113321) wiederum war der spätere Stadtschreiber Belart von Brugg, der in erster Ehe eine Tochter des Kommandanten, Elisabeth Susanna (113621), genannt Lisette, in zweiter eine Tochter des Ratsherrn, Catharina (113632) heiratete.
Als Johannes Belard (1136), das sechste Kind des Heinrich Belard, der spätere Oberamtmann des Bezirks Brugg, 1747 geboren wurde, war sein Vater schon 65 Jahre alt. Jener wurde der Stammvater aller heute noch lebenden Belart.
Johannes Belart (1136) wurde am 10. Dezember 1747 geboren. Er war Metzger, Holzhändler, Grossweibel, Oberamtmann, Grossrat und Präsident des Bezirksschulrats.
Nach vollbrachter Schulzeit erlernte er den Metzgerberuf, begab sich dann nach abgeschlossener Lehrzeit unter das schweizerische Militär in französischen Diensten, wo er drei Jahre verblieb. Nach seiner Rückkehr bis zu seiner Ernennung zum Grossweibel im Jahr 1792 widmete er sich seinem Metzgerberuf und daneben dem Holzhandel. Wie alle jungen Bürger, die auf ein höheres Amt erpicht waren, begann auch er, in Erfüllung seiner Bürgerpflicht, als Feuerläufer, war dann während zehn Jahren der Stadtfeuerwehr zugeteilt, und zwar wie sein Bruder, der Zöllner, bei der grossen Spritze, wo er es bis zum «Fürsprützenmeister» brachte.
Und jetzt begann sein Aufstieg in die höheren Ämter.
1789 wurde er Eherichter.
1791 Fleisch-Schätzer, Richter und Rechtsprecher.
1792 am Mayending erfolgte seine Wahl zum Grossweibel. Er bekleidete dieses Amt bis zum Revolutionsjahr 1798.
1798–1802 war er Gerichts- und Gemeindeweibel.
1803 wurde er Bezirksrichter und Amtsstatthalter.
1804 wurde er als Nachfolger des verstorbenen Daniel Frölich zum Oberamtmann des Bezirks Brugg gewählt.
23 Jahre lang bekleidete er diese Stelle, bis zu seinem 80. Lebensjahr. Dann ersuchte er mit Rücksicht auf sein hohes Alter um Entlassung, die ihm, wie es heisst, in ehrenvollster Anerkennung seiner treuen und rechtschaffenen Dienste, gewährt wurde.
Nach seinem Rücktritt lebte er zuerst bei einem seiner Söhne, dann bei seiner ältesten Tochter, Margarethe Katharina (11361), die mit J. J. Rauchenstein, dem «Aehni» Rauchenstein, verheiratet war und im «Schwarzen Ochsen» wohnte. Dort starb Oberamtmann Johannes Belart am 13. April 1839 im Alter von 91 Jahren, 4 Monaten und 3 Tagen.
Über sein Wirken als Beamter und Mensch erhalten wir am besten Aufschluss aus der Rede, gehalten von Bürgermeister Herzog anlässlich des Rücktritts, am 28. Dezember 1827. Es heisst da:
«So wie jedes Ereignis, welches uns in unserem häuslichen Leben aus angewöhnten Verhältnissen oder engeren Verbindungen reisst, unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt und unser Nachdenken über die daraus hervorgehenden Folgen und Wirkungen rege macht, ebenso und noch viel ernster müssen diejenigen Änderungen uns ansprechen, welche die Zeit und Umstände in der öffentlichen Verwaltung herbeiführen.
Unter diese gehört unstreitig der Wechsel öffentlicher Beamter, denen die Leitung und Fürsorge der wichtigsten gemeinsamen Angelegenheiten des Landes anvertraut ist, vorzüglich gezählt zu werden. – Oder was könnte wohl mehr geeignet sein, tiefe Eindrücke auf die Gemüter eines Volkes zu bewirken, als der Rücktritt eines Mannes vom öffentlichen Amte, der während einer langen Reihe von Jahren mit segensreichem Erfolg an demselben wirkte, und in trüben wie in heiteren Tagen der treue Freund, der väterliche Ratgeber und wohlwollende Leiter seiner Mitmenschen war? Der alles Gute beförderte und mit ernstem Mut und Willen dem Bösen einen kräftigen Damm entgegensetzte?
Ja gewiss, hoch- und wohlgeehrte Herren, dergleichen Ereignisse sind von ernsterer Natur als alle diejenigen, welche sich bloss auf den engeren häuslichen Kreis beschränken; sie greifen tief in des innere Leben eines Landes ein, und wenn auch ihre Folgen und Wirkungen sich nicht immer unwohltätig äussern, immerhin erwecken sie im Augenblick ihres Eintretens manche düstere Sorge, über welche nur die Zukunft entscheidet. Eine Veranlassung dieser Art führt mich heute in eure Mitte.
Der ehrwürdige Greis, welcher während 23 Jahren die Stelle des ersten Beamten dieses Bezirks bekleidete und, müde langer und vielfältiger Anstrengungen, bei einbrechendem Abend seines tätigen Lebens nach Ruhe sich sehnend, hat sich selbst mit dem Ziele des hingeschwundenen Jahres auch dasjenige seiner amtlichen Laufbahn festgesetzt und dieses Amt in die Hand der Landesregierung niedergelegt.
Obgleich euch die Wahl seines würdigen Nachfolgers durch den bereits vor mehreren Monaten erfolgten Amtsantritt schon bekannt ist, soll ich, gemäss erhaltenem hohem Auftrag, nichtsdestoweniger euch heute denselben vorstellen und ihn nach bestehenden Vorschriften nun förmlich in sein Amt einsetzen.
Ehe ich aber diesen angenehmen Auftrag erfülle, sei mir zuvor vergönnt, einer meinem Herzen wohltuenden Pflicht Genüge zu leisten, indem ich Ihnen, Herr alt Oberamtmann, hier öffentlich dem Ausdruck der achtungsvollen Gesinnungen der Regierungen wiederhole und den Dank des Vaterlands ausspreche, auf den Sie sich durch Ihre vieljährige Treue und gewissenhafte Amtsführung ebenso grosse als gerechte Ansprüche erworben haben.
In verhängnisvollen Zeiten und Tagen grosser Prüfungen haben Sie dieses Amt stets mit unverdrossenem Eifer und unbedingter Hingabe verwaltet und den hohen Endzweck desselben unausgesetzt nach bestem Vermögen zu erreichen sich bestrebt. Wenn es Ihnen auch nicht gelungen ist, alles Böse zu hindern und all das Gute zu erreichen, was in Ihren edlen Absichten lag, wozu menschliche Kräfte nicht immer hinreichen, so haben Sie sich doch des einstimmigen Zeugnisses zu erfreuen, – es sei in diesem Bezirk nie eine Träne geflossen, die Ihr menschenfreundliches Herz nicht zu stillen oder zu trocknen versuchte, und nie habe die Strenge des Gesetzes irgendeinen Ihrer Amtsangehörigen erreicht, ohne in Ihrer wohlwollenden Teilnahme Trost und Linderung gefunden zu haben. Die Landesregierung und alle Bewohner dieses Bezirks erkennen dieses mit lebhaftem Dank. Ihre aufrichtigen Segenswünsche folgen Ihnen in den geräuschlosen Privatstand, und noch lange, wenn Sie einst nicht mehr unter ihnen sein werden, wird der Name Belart in ehrfurchtsvollem und dankbarem Andenken bleiben.»
Ähnlich lautet die Abdankungsrede anlässlich seiner Beerdigung.
Zu erwähnen ist noch, dass alle Gemeindevorsteher seines Bezirks ihm als Zeichen ihrer dankbaren Liebe und Achtung einen wertvollen Becher überreichten, der heute im Besitz von Margarethe Belart-Meier in Brugg ist. [Jetzt von Peter Belart aufbewahrt.]
Johannes Belart hat sich 1774 im Alter von 27 Jahren mit Anna Katharina Schilplin von Brugg verheiratet. Es wurde eine zufriedene und glückliche Ehe, die erst nach 47 Jahren mit dem Tod der Gattin aufgelöst wurde. Der Ehe entsprossen fünf Kinder, drei Knaben und zwei Mädchen. Der jüngste Sohn, Heinrich (5), zog mit Napoleon nach Russland und blieb verschollen. Sein Abschiedsruf: «Ade Brugg, dich nimmermehr gugg!» wurde von seinen Neffen und Grossneffen noch oft erwähnt. Im Jahre 1829 ordnete sein Vater die Todeserklärung von Amtes wegen an. Heinrich aber scheint damals den Tod nicht gefunden, sondern, wie Herr Prof. Laur-Belart im Juli 1941 seinen Verwandten mitteilen konnte, sich sehr wahrscheinlich in Russland verheiratet zu haben. Anlässlich einer Führung von Basler Münzforschern durch die Ruinen von Augst, wurde er auf den russischen Numismatiker Belart aufmerksam gemacht, der, wie sich Laur in der Folge vergewissern konnte, der Sohn eines im Jahre 1812 in Russland zurückgebliebenen französischen Soldaten war. Leider verhinderte die politische Lage jede Nachforschung nach einer eventuellen russischen Linie Belart.
Die beiden Töchter von Johannes Belart verheirateten sich früh. Die ältere wurde, wie schon erwähnt, eine Frau Rauchenstein (1) in Brugg. Die jüngere, Anna Magdalena (4), kam als Gattin des Jakob Henz, Kaufmann, nach Aarau.
Die zwei Söhne, Georg Jakob (2), geboren 1776, und Johannes junior (3), geboren 1777, begründeten die heute noch existierenden zwei Linien der Brugger Familie Belart: die Kommandantenlinie und die Ratsherrenlinie. Beide gehörten dem Gewerbestand an; Jakob war Hutmacher, Johannes Metzger wie sein Vater. Erst ihre Nachkommen betätigten sich af anderen Gebieten. Man trifft sie als Ärzte, Pfarrer, im Lehrerberuf, im Kaufmannsstand etc. Daneben zeigen sie, wie ihre Väter eine Vorliebe fürs Militär.
Georg Jakob Belart (2), der Hutmacher, wurde am 3. Juli 1807 durch die Aargauer Regierung zum Bezirkskommandanten von Brugg gewählt, welches Amt er bis zu seinem am 15. Mai 1860 erfolgten Tod bekleidete. Als solcher trug er, wie später General Herzog, mit Stolz seinen Federbusch auf dem Tschako. Leider ist dieser Federbusch nicht erhalten geblieben. Seine Enkelinnen konnten sich bei der Erbteilung über seinen Besitz nicht einigen, und so wurde er zerschnitten.
Der «Kommandant», wie er allgemein genannt wurde, war eine geborene Soldatennatur vom alten Schrot und Korn. Wenn etwas nicht nach seinem Sinne ging, so hallte seine Stentorstimme bis in die Herrenmatt hinauf. Wie ich aus einigen Briefen ersehen konnte, war es für seine Angehörigen nicht immer leicht, in seiner Nähe zu sein. Er war ein richtiger Tyrann. Als sein ältester Sohn, der Ziegler, sich am zweiten Freischarenzug beteiligen wollte, sandte er ihm eine Stafette nach und liess ihn zurückholen, weil seine Frau daheim das 7. Kind erwartete. Nach dem Tod seiner zweiten Frau, mit der er 34 Jahre lang verheiratet war, führte seine älteste Enkelin, die spätere «Tante Marie» (231), seinen Haushalt und betreute ihn noch acht Jahre lang, bis er im Alter von 84 Jahren starb. Zwei von seinen vier Söhnen – die beiden jüngsten waren viele Jahre in fremden Kriegsdiensten und wurden, nach Brugg zurückgekehrt, Landjäger – «Butz», wie man solche in Brugg nannte. An den jüngeren von ihnen, den Johann (27), der in der oberen Hofstatt wohnte, mögen sich gewiss noch einige der älteren Generation erinnern. Wie man mir sagte, soll er ein richtiger Kinderschreck gewesen sein. Die beiden älteren Brüder blieben dem Handwerk treu.
Adolf Johann (26), geboren 1811, war der letzte in der Familie, der den Metzgerberuf ausübte. Sein Geschäft war in der Vorstadt, vis-à-vis vom Freihof. Er starb kinderlos.
Jakob Gottlieb (23), geboren 1806, war Ziegler. Er hatte seine Ziegelhütte etwas stadteinwärts von der heutigen Kaserne. Dieser Ziegler Belart war es, der die Kommandantenlinie nicht aussterben liess. Unter seinen neun Kindern waren fünf Söhne und vier Töchter. Drei dieser Söhne blieben in Brugg als solide Handwerker. Einer war Maler (238), der zweite (235) Schreiner, und der dritte, Gottlieb (234), erlernte das Bauhandwerk, wie man sagt, «von der Pike auf». Er war Baumeister und später Bauverwalter der Stadt Brugg. Die Söhne des oben erwähnten Malers üben noch heute als Geschäftsnachfolger ihres Vaters den Malerberuf aus. Die beiden anderen Söhne des Zieglers Belart, Jakob (233), der älteste, und Wilhelm (239), mein Vater, als der jüngste, wandten sich dem Kaufmannsstande zu, und darin wiederum dem Holzhandel. Es war die Zeit, da auf den Flüssen die Holzstämme noch geflösst wurden – von der Schweiz nach Frankreich und durch ganz Frankreich hindurch. So kam es, dass diese beiden Brüder oft monate-, ja, jahrelang in Frankreich lebten. Beide bekleideten im Militär Offiziersränge; der ältere war Major, der jüngere kommandierte die Aargauer Brigade 12 von 1908 bis 1915.
Von den Töchtern des Zieglers Belart war es besonders «Tante Marie» (231), die die lebende Familiengeschichte verkörperte. Sie erinnerte sich an den Stammvater Oberamtmann und kannte seine Nachkommen bis ins fünfte Glied. Wenn jemand über die letzten hundert Jahre etwas von Brugg wissen wollte, o konnte «Tante Marie» sicher Auskunft geben. Schade, dass sie nicht mehr lebt; sie wurde 89 Jahre alt und hätte uns für unser Familienfest sicher viel erzählen können.
Im Brugger Ratsprotokoll vom 26. September 1805 ist zu lesen: «Auf Vortrag vom löblichen Stadt-Ammann, dass Herr Hauptmann Johannes Belardt von hier anzeigt, dass er mit seiner Comp. (5. Comp. des 5. Bat. der Aargauer Truppen) zum Dienst des Vaterlandes an ihre Bestimmung abzugeben beordert und abmarschieren werde, während seiner Abwesenheit habe bemeldeter Herr Hauptmann seine Frau und Familie in Verfallenheit um allfällig erforderliche Handbietung empfohlen. Worin demselben entsprochen werde.»
Dieser Herr Hauptmann ist der zweite Sohn von Oberamtmann Belart, Johannes Belart (3), geboren 1777. Wie aus einigen Briefen, die der Vater seinem «Sohn Haubtman» schrieb und die heute noch erhalten sind, hervorgeht, mussten die Aargauer Truppen im Herbst 1805 in Basel die Grenze beschützen helfen.
Johannes Belart betrieb neben seinem Metzgerberuf noch einen ausgedehnten Handel mit Holz, das die Aare hinunter nach Brugg und weiter geflösst wurde. Ein von ihm im Jahr 1818 ohne Baubewilligung neu erstellter Holzschuppen in der «Ländi» trug ihm einen scharfen Verweis der Stadtbehörde ein, obwohl er geltend machte, dass schon sein Vater auf demselben Platz sein Holzlager hatte.
Viele Jahre gehörte er dem Stadtrat an (daher der Name «Ratsherr»), wo ihm das Bauwesen anvertraut war. Nach den Ratsprotokollen versah er dieses Amt mit grosser Umsicht. Er ist der Begründer der Ratsherrenlinie, in der hauptsächlich die «Gstudierten» zu finden sind. Aber auch die Kunst fand hier Eingang.
Von seinen zwei Söhnen, die der Ehe mit Katharina, geb. Bächlin entsprossen, wurde der ältere, Jakob (31), Kaufmann im «Güggel». Er verheiratete sich mit seiner Cousine Veronika Henz aus Aarau, die dadurch die Stammmutter wurde der Nachkommen von:
Die beiden Töchter des Jakob Belart, die früh verstorbene Marie (313) und Ida (312), welche als «Alti» aus vielen Briefen bekannt ist, waren mit Johann Siegrist-Belart, Uhrmacher in Konstantinopel, verheiratet. Der Sohn dieses letzteren war der spätere Brugger Stadtammann, Dr. med. Hans Siegrist, welcher im «Sonnenberg» in Brugg wohnte.
Hans Belart (315), geboren 1847, gründete am Bosporus seine Familie, die erst während des Ersten Weltkriegs in die Schweiz zurückkehrte. Wie sehr sich seine Verbundenheit mit seiner Heimatstadt Brugg auch auf seine Nachkommen vererbte, beweist unsere heutige Zusammenkunft, deren hauptsächlichster Initiant sein Enkel in Zürich ist.
Bezirksarzt Johannes Belart (33), geboren 1808, war der jüngste Sohn des Ratsherrn. Er wohnte neben dem Amtshaus, wo heute noch seine Enkelin, Frau Schaffner-Frölich, daheim ist.
Nach dem Tod seines Grossvaters, des Oberamtmanns, oblag es ihm, die Interessen der Gesamtfamilie zu leiten. Das Wort des «Onkel Doktor» war in Zukunft das A und O bei allen Anordnungen. Sein ältester Sohn, Emil (331), geboren 1836, zog als Kaufmann nach Brasilien und verheiratete sich dort mit einer Eingeborenen. Er wurde der Vater des Höchstkommandierenden der brasilianischen Flotte, dem Admiral Luiz Emilio Belart (3311), der in seiner Jugend einen Teil seiner Schuljahre in Brugg verlebte. Ob er wohl auch damals schon davon träumte, während 40 Jahren der Marine zu dienen?
Die Töchter des Bezirksarztes hatten sich irgendwie der Kunst verschrieben. Emmy Caroline (333) war Malerin und leitete in München eine eigene Malschule. Verheiratet mit dem Apotheker und Bryologen Adalbert Geheeb, wurden hauptsächlich ihre Mooszeichnungen und Aquarelle bekannt, mit denen sie wissenschaftliche Werke illustrierte.
Unter dem Pseudonym Erika Waldhorst war ihre Schwester Pauline (334) schriftstellerisch tätig. Ihr kauziger Bruder Johann (336) blieb unverheiratet und schrieb über Wagner und Nietzsche. Die jüngste Schwester Johanna (335) wurde die Gattin von Maler Froelich in Brugg.
Zu erwähnen sind noch die Zofinger Belart, die mütterlicherseits von Johannes Belart, Oberamtmann, abstammen, während der Vater, ehemaliger Stadtschreiber von Brugg, ein Enkel von Zöllner Belart war. Die Familie hat keine männlichen Nachkommen.
Heute sind wir, dem Ruf von Dr. med. Walter Belart folgend, nach Brugg gekommen, um eigentlich ein 300-Jahr-Jubiläum zu feiern. Ich glaube, wenn uns unser streng rechtlich denkender Stammvater Oberamtmann sehen könnte, wir sein Werturteil über die heutigen Belart nicht zu fürchten brauchten.