Taten & Untaten II

Geküsst und gejauchzt

"Den 21ten Weinmonat 1661 war gricht ghalten worden in beywässen aller zugehörigen.

Claudi Belardt war censuriert, dass als er nechster tagen mit seines Schwagers Steblins Hochtzeitleütten heykommen, er in der Vorstadt sein Gschwey als Hochtzeit auf die Schoss genommen sy geküsst, und darüber Rudolff Freyen als Chorrichter gefexiert er dörfe sy wol küssen, wen er schon in Chorrichter sey, und als er heym kommen vor seinem Hauss gejauchtzet habe. Das erste betreffende bekennt er dass ess geschähen seye, hoffe aber nit dass etwas schaden möchte, dieweil ihmme solches sein Schwager erlaubt habe. Dess Jauchtzens halben will er nichts darum wüssen. Darüber Meine Herren erkennt, weill er sein Gschwey geküsst darmit nit allein ergernuss geben sondern noch ein Ehrichter damit gefexiert, soll er er darfür 1 Pfund zu buss erlegen, des Jauchtzens halben weyl er dass verleugnet, solle besere nachfrag gehalten werden."

 

Am 21. Oktober 1661 wurde Chorgericht gehalten in Anwesenheit aller Chorrichter.

Claudi Belardt wurde be-(oder: ver-)urteilt, weil er vor wenigen Tagen, als er mit seines Schwagers Stäblins Hochzeitsgesellschaft heimkam, in der Vorstadt dessen Frau auf den Schoss genommen und sie geküsst hat. Darüber hinaus machte er sich über den Chorrichter Rudolf Frey lustig: Er dürfe sie wohl küssen, auch wenn Frey Chorrichter sei. Und als er heim kam, habe er vor seinem Haus gejauchzt. 

Das erste betreffend, gab er zu, dass es geschehen sei, er hoffe aber nicht, dass es schade, umso mehr, da es ihm sein Schwager erlaubt habe. Vom Jauchzen will er nichts wissen.

Die Chorrichter entschieden: Weil er die Frau seines Schwagers geküsst und damit nicht allein Ärgernis verursacht, sondern sich auch noch über einen Chorrichter lustig gemacht habe, soll er dafür eine Busse von 1 Pfund zahlen. Was das Jauchzen betrifft, das er abstreitet, soll sich das Gericht besser erkundigen.